Mein Dilemma

Mein Dilemma

Bin ich wirklich Christ?

Samstag, 23.November 2019

Wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund.
– Lukas 6,45 –

„Wer Jesus Christus persönlich erfahren hat, kann seinen Mund nicht halten und möchte allen davon erzählen. Zumindest mir ging es so. Ich bezweifle sogar, dass jemand, bei dem das nicht so ist, ein echter Christ ist.“

(Sinngemäß wiedergegebenes Zitat einer mir bekannten Person)

Ich kenne viele Geschichten von Menschen, bei denen es ähnlich war. Nachdem sie eine persönliche Erfahrung mit Jesus Christus gemacht hatten, konnten sie nicht anders, als anderen Menschen davon zu erzählen. Das kann ich mir natürlich auch gut vorstellen, denn wer etwas erlebt hat, das ihn emotional berührt und das er als positiv empfindet, möchte es anderen mitteilen.

Vor diesem Hintergrund hinterfrage ich in letzter Zeit zunehmend die Echtheit meiner eigenen Bekehrung vor ca. einem Jahr. Klar, man soll sich nicht mit anderen vergleichen, heißt es, und Gott spricht zu jedem anders, etc. Dennoch: Gibt es nicht doch einige Kriterien, an denen man erkennen kann, ob man ein „echter“ Christ ist oder nicht? Beispielsweise:

  • Sündenerkenntnis bzw. Erkenntnis der eigenen Verlorenheit bzw. Erlösungsbedürftigkeit
  • Annahme von Jesus Christus als seinen persönlichen Erlöser und Herrn
  • Buße, also Erkenntnis dessen, was man bisher falsch gemacht hat, und Lebensumkehr
  • Dankbarkeit, dass einem die Sünden vergeben wurden und man dadurch wieder mit Gott vereint ist
  • Freude, Friede und Liebe als vorherrschende Gefühle
  • Das Bedürfnis, anderen von Jesus erzählen zu wollen

Wie sieht es bei mir aus?

Sündenerkenntnis bzw. Erkenntnis der eigenen Verlorenheit bzw. Erlösungsbedürftigkeit

Hier muss ich sagen, dass mir die echte, tiefe Erkenntnis wohl noch fehlt. Vom Kopf her habe ich das Konzept dahinter natürlich „kapiert“ (ist ja auch nicht schwer zu verstehen) und für mich angenommen, doch eine wirklich tiefgreifende und schockierende Erfahrung meiner eigenen „Verlorenheit“ vor Gott, wie man das von anderen Christen manchmal hört, hatte ich bisher noch nicht. Als ich vor ca. 1 Jahr begonnen hatte, mich näher mit der christlichen Lehre zu befassen, wiederstrebte mir der Gedanke, dass alle Menschen – egal, wie „gut“ oder „schlecht“ sie sind – von Natur aus Sünder sein sollen und vor Gottes Gericht nicht bestehen können, und dass nur der Glaube an Jesus Christus retten können soll. Trotzdem beschloss ich, mich darauf einzulassen, wenn das der einzige Weg war, dem Ziel meiner inneren Sehnsucht – Gott – näherzukommen.

Annahme von Jesus Christus als seinen persönlichen Erlöser und Herrn

Dies erfolgte bei mir, nachdem ich einige der vielen bewegenden „Bekehrungsgeschichten“ gehört und gelesen hatte, in denen Menschen davon berichten, wie ihnen Jesus in einer schwierigen Lebenssituation „begegnet“ war, was für sie dann immer ein emotional sehr berühredes Erlebnis und letztlich heilend und lebensverändernd war. Dies weckte in mir den Wunsch nach einer ebenso intensiven und persönlichen Beziehung zu diesem Jesus, mit dem ich seit meiner Kindheit eigentlich nichts mehr zu tun gehabt hatte. Stattdessen hatte ich jahrzehntelang in den Bereichen der Esoterik, der fernöstlichen Spiritualität und sogar des Okkultismus (Transkommunikation) nach Antworten gesucht – allerdings vergeblich. Nun beschloss ich, dies alles hinter mir zu lassen und mich Jesus zuzuwenden. Ich „übergab“ Jesus mein Leben und bat ihn, etwas daraus zu machen. Vor allem wollte ich eine ebenso persönliche und intensive Beziehung zu ihm haben, wie ich es in den Berichten gehört hatte. Inzwischen vermute ich allerdings, dass solche Erlebnisse wohl eher die Ausnahme als die Regel sind.

Buße, also Erkenntnis dessen, was man bisher falsch gemacht hat, und Lebensumkehr

Nachdem ich mich Gott bzw. Jesus zugewandt hatte, begann ich damit, mein Leben „aufzuräumen“, indem ich mich nach und nach von allem trennte, was meine bisherige, vergebliche Suche ausgemacht hatte: Bücher, Zeitschriften, Tonträger und sonstige Gegenstände, die mit Esoterik, Spiritualität und Transkommunikation zu tun hatten. Die Trennung von einem Verein, für den ich jahrzehntelang auch im Vorstand tätig war, benötigte etwas mehr Zeit (ca. 1/2 Jahr). Dies alles erkannte ich nun als Sünde*, die ich vor Gott bekannte und dafür die durch Jesus Christus erkaufte Vergebung für mich in Anspruch nahm. Insofern kann man also schon von einer echten Lebensumkehr (im christlichen Jargon „Buße“ genannt) sprechen.

*) Sünde zum einen im Sinne von „Zielverfehlung“ (was ja die eigentliche Bedeutung des hebräischen Wortes für „Sünde“ ist), zum anderen aber auch als Verstoß gegen das 1. Gebot („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“).

Dankbarkeit, dass einem die Sünden vergeben wurden und man dadurch wieder mit Gott vereint ist

Eine tiefe Dankbarkeit, die sich z.B. in Freude über meine „Errettung“ ausdrückt, empfinde ich nicht. Vermutlich kommt das daher, dass mir eine echte Erkenntnis meiner „Verlorenheit“ und meiner „Erlösungsbedürftigkeit“ – wie oben gesagt – bisher noch fehlt. Meine ursprüngliche Motivation, mich Gott zuzuwenden, die schließlich zu meiner Bekehrung geführt hat, war ja auch nicht ein Gefühl meiner Sündhaftigkeit oder Verlorenheit gewesen (und schon gar nicht Angst vor der „Hölle“), sondern meine immer schon vorhanden gewesene innere Sehnsucht nach Gott. Dies scheint allerdings unter Christen eher die Ausnahme zu sein; meist kommen Menschen in Krisensituationen zum Glauben, nachdem sie sich in ihrer Verzweiflung an Gott wandten. Dies war bei mir so nicht der Fall.

Freude, Friede und Liebe als vorherrschende Gefühle

Dies sind drei der neun „Früchte des Heiligen Geistes“ (Galater 5,22). Statt Freude empfinde ich allerdings Traurigkeit, da ich mich weiterhin von Gott getrennt fühle und meine Sehnsucht nach ihm weiterhin ungestillt ist. Auch der „Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt“ (Philipper 4,7), hat sich bisher noch nicht eingestellt. Ich bin daher noch nicht am Ziel meiner Suche angelangt. Der Name dieser Website „Gottsucher“ ist somit immer noch aktuell…

Das Bedürfnis, anderen von Jesus erzählen zu wollen

Für viele Christen ist die Dankbarkeit über die eigene „Errettung“ und die Freude darüber die Motivation, auch anderen Menschen das Evangelium zu vermitteln, damit auch sie „gerettet“ werden. Da die Erkenntnis der eigenen Verlorenheit und die Dankbarkeit für die Errettung bei mir bisher weniger stark ausgeprägt und eher eine „Kopfsache“ ist, würde ich mich damit schwertun, anderen das Evangelium zu vermitteln. Ich habe durchaus den starken Wunsch, dass alle Menschen die Liebe und den Frieden Gottes erfahren, allerdings befinde ich mich hier zur Zeit in einem Dilemma, denn was ich bisher nicht selbst erfahren habe, kann ich anderen auch nicht vermitteln. Alles, was ich habe, ist mein persönlicher Glaube und meine bisher ungestillte Sehnsucht nach Gott.

* * *

Offenbar ist also mein „christlicher Werdegang“ etwas „untypisch“, doch ich vertraue darauf, dass Gott mich auf dem richtigen Weg führt. Zuversichtlich stimmen mich die äußeren Zeichen, durch die er mir zu erkennen gibt, dass er mich sieht und Anteil an meinem Leben nimmt. Meine ganze Hoffnung setze ich auf Jesus Christus, den Sohn des wahren, lebendigen Gottes. Er allein kann mir helfen, dass aus meinem persönlichen Glauben auch Erfahrung und Gewissheit wird und mein Glaube dann auch Früchte trägt. Ich will mir lieber nicht ausmalen, was wäre, wenn sich auch diese Hoffnung zerschlagen sollte und sich „die Sache mit Jesus“ in die lange Liste meiner vergeblichen Irrwege einreihen würde, denn dann wüsste ich nicht, welchen Sinn mein Leben noch hätte. Somit bleibt mir auch gar nichts anderes übrig als mich weiter an Jesus zu „klammern“.

Ein Hoffnungsschimmer ist für mich auch die Taufe im Heiligen Geist. Für viele Christen, die das erlebt haben, hat dadurch ihr Glaubensleben noch einmal einen ganz neuen Schub bekommen bzw. ist es dann erst richtig losgegangen. Auch bei den Jüngern zur Zeit Jesu war das so: Erst nach der Ausgießung des Heiligen Geistes beim Pfingstereignis konnten sie so richtig „durchstarten“. Auch der Erfahrung heutiger Christen entspricht dies.

In knapp 2 Wochen ist das „Schritte-Wochenende“ einer freikirchlichen Gemeinde in München-Laim („Schritte im Glauben und in der Heilung“), zu dem ich mich angemldet habe. Vielleicht ergeben sich dort ja neue Perspektiven für mich. Eine Teilnehmerin eines früheren „Schritte-Wochenendes“ sagte mir, dass es ihr sehr geholfen habe.

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